Angst
Angst
Angst zählt zu den Grundemotionen (Freude, Trauer, Wut, Ekel, Überraschung). Sie ist ein angeborenes Reaktionsmuster mit Schutz- und Warnfunktion, das wir uns mit unseren Säugetierverwandten teilen.
(Häufig wird unterschieden zwischen Angst und Furcht. Angst wird dann als allgemeines, ungerichtetes Gefühl angesehen, nicht zu konkreten Handlungen führt. Furcht soll sich auf einen bestimmten Gegenstand, ein Lebewesen oder eine Situation beziehen und die Angriff-oder-Flucht-Reaktion auslösen. Angst soll „von innen“ kommen, Furcht „von der Außenwelt“. Allerdings lässt sich diese Unterscheidung weder in der Wissenschaft, noch im Alltag konsequent durchhalten und soll deswegen hier auch keine Rolle spielen.)
Angstsymptome
Angst löst unmittelbar körperliche Reaktionen aus: Beschleunigung von Atmung und Puls, Schwitzen, Pupillenverengung – alles sinnvolle Bausteine der angeborenen Schutzreaktion. Muskeln erhalten mehr Sauerstoff und Nährstoffe, die Sinne werden geschärft. Vermittelt werden diese Reaktionen durch das sympathische Nervensystem. Selbst die scheinbar unsinnige Lähmung (Schreckstarre) ist vorteilhaft, weil viele Raubtiere auf Bewegung reagieren. Angst ist somit das Gegenteil zur Neugier (Erkundungsverhalten), die mit positiv empfundener Erregung einhergeht.
Andere Merkmale von Angst sind dagegen gesellschaftlich vermittelt und kulturell geformt: Angst als Kraft (Erhöhung der Aufmerksamkeit: Autofahren), Lust an der Angst (Horrorfilme, Bungee-Jumping) und schließlich Angst als Stresssymptom (Überlastungssignal; Panikattacke).
Angst in der Psychologie
Sigmund Freud hat Angst mit dem dreistufigen Aufbau der menschlichen Psyche (Es – Ich – Über-Ich) in Verbindung gebracht. Im Ich beschreibt er die
„Realangst“ vor der Außenwelt. Dem Über-Ich ordnet er die „Gewissensangst“ zu, und die „neurotische Angst“ vor der Stärke der Triebe dem Es. Krankhafte Angst interpretierte er als Ausdruck tief reichender Konflikte zwischen grundlegenden Bedürfnissen des Menschen (z.B. Autonomiestreben, Fortpflanzungstrieb) und den Anforderungen seiner gesellschaftlichen Umgebung (z.B. verinnerlichte moralische Normen, die diese Grundantriebe verbieten).
„Realangst“ vor der Außenwelt. Dem Über-Ich ordnet er die „Gewissensangst“ zu, und die „neurotische Angst“ vor der Stärke der Triebe dem Es. Krankhafte Angst interpretierte er als Ausdruck tief reichender Konflikte zwischen grundlegenden Bedürfnissen des Menschen (z.B. Autonomiestreben, Fortpflanzungstrieb) und den Anforderungen seiner gesellschaftlichen Umgebung (z.B. verinnerlichte moralische Normen, die diese Grundantriebe verbieten).
Die Persönlichkeitspsychologie trennt allgemeine Ängstlichkeit als Persönlichkeitsmerkmal von Angst als kurzfristigem Zustand. (Eine dauerhafte Überproduktion von Stresshormonen bei Ängstlichkeit macht allgemein anfälliger für Angstzustände, aber auch körperliche Erkrankungen.)
In der Lernpsychologie wird Angst als subjektive, vegetative und motorische Reaktion auf einen bedrohlichen Reiz definiert.
Angst – Konditionierung
Angst kann durch Konditionierung gelernt werden. Bei der klassischen Konditionierung wird ein Reiz mit natürlicher Reaktion mit einem neutralen Reiz verbunden. Ist die Konditionierung erfolgt, löst der neutrale Reiz schon allein natürliche Reaktion aus. Auf diese Weise kann z.B. ein eigentlich harmloser Ton zu Furcht führen. Bei der operanten Konditionierung werden bestimmte Verhaltensweisen, Sinneseindrücke oder Körperempfindungen mit einem furchterregenden Erlebnis assoziiert.
Neurobiologie der Angst
Forscher können heute erklären, welche Spuren gelernte Angst hinterlässt, und wie sie sich – unter Umständen sogar in der nachfolgenden Generation – später wieder bemerkbar machen kann.
Amygdala (Mandelkern)
Bei der Entstehung von Angst und Furcht spielen verschiedene Gehirnbereiche eine Rolle, allen voran die Amygdala. Die Amygdala ist bei allen Angstzuständen aktiv, auch bei Angststörungen wie z.B. Phobien. Sie reagiert unwillentlich, unglaublich schnell, allerdings nicht übermäßig genau. Der Signalweg über die Amygdala, durch den Sinneseindrücke nur „unscharf“ repräsentiert werden, ist für eine rasche Reaktion notwendig und dauert nur zwölf Millisekunden. Die Amygdala beschleunigt Herzschlag und Atem, steigert den Blutdruck und das Stresshormon Cortisol. Subjektiv entstehen Angstgefühle. Möglicherweise werden auch Albträume von spontaner Tätigkeit der Amygdala ausgelöst, ebenso die ungerichteten Angstgefühle. Die Amygdala empfängt Informationen aus mehreren Hirnarealen und leitet ihrerseits Signale an Hirnstrukturen weiter, die Reaktionen wie Blutdruck, die Ausschüttung von Stresshormonen oder die Schreckstarre steuern.
Hirnrinde (Cortex)
Teile der Hirnrinde sind bei Angst besonders stark durchblutet und können dort Angst erzeugen. Die Hirnrinde kann erst nach ihrer Ausreifung Sinneseindrücke – also auch Gefahren – unterscheiden. Das dauert bei Menschen 7-12 Monate. (In diesem Alter setzt bei kleinen Kindern dann das „Fremdeln“ ein.) Hirnrindengebiete, die für die Verarbeitung von Sinnesreizen zuständig sind, stellen sogar eine Voraussetzung für Angstreaktionen dar, z.B. die Hörrinde – ohne Hörreiz keine gehörvermittelte Angstreaktion.
Die Hirnrinde reagiert langsamer als die Amygdala, allerdings verarbeitet sie deutlich mehr Informationen und ist daher in ihrer Bewertung und Reaktion genauer. Sie kann schwierigere Probleme lösen, aber ihre Einbindung braucht die doppelte Zeit. Wichtig ist auch die Gedächtnisfunktion der Hirnrinde: für das Erlernen von Angstreaktionen
Hypothalamus
Der sog. Hypothalamus ist ein Kerngebiet, das bei der Entstehung von Angst ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. An ihm greifen auch Psychopharmaka an. Er steuert das sympathische Nervensystem und veranlasst die Abgabe von Stresshormonen. So wird der Organismus in Verteidigungsbereitschaft versetzt.
Das sogenannte „Angstgedächtnis“ ist ein entscheidender Grund dafür, dass sich Angst hartnäckig und unwillentlich ins Gehirn einbrennen und unter Umständen ein ganzes Leben lang quälende Wirkungen haben kann. Außerdem kommt es bei der Angst-Konditionierung zu einer Aktivierung von Genen, wie bei anderen Lernvorgängen auch.
Halten wir also fest: Angst ist keine Krankheit, sondern eine angeborene Schutz- und Warnfunktion mit mehreren Ebenen. Die Gefühls- und Verhaltensebene ist dabei Lernprozessen unterworfen und somit sozial und kulturell beeinflusst.